UCI WM in Trient 2022
Sven Friedrich trotz Verletzungspause am Start der UCI WM in Trient 2022
Unser Teamfahrer Sven Friedrich hatte sich beim Swiss Gran Fondo in Villars, Schweiz, für die UCI Straßen-Weltmeisterschaft im italienischen Trient qualifiziert. Am 18. September 2022 sollte es für die insgesamt mehr als 1.500 Fahrer*innen auf die 144 km lange Strecke in der am Fuße des Monte Bondone gelegenen Stadt in den östlichen Dolomiten gehen. Klettern stand auf dem Programm. Mit drei langen Anstiegen und insgesamt 3.800 Höhenmetern wurde den Fahrern eine harte Prüfung auferlegt.
Die Entscheidung, an der WM teilzunehmen, hatte Sven erst zwei Tage vor dem Start getroffen. Bei der Vorbereitung in Kroatien vier Wochen vor dem Rennen brach er sich das rechte Schlüsselbein. In der Folge sah es lange Zeit so aus, als würde Sven nicht teilnehmen können. Erst in der letzten Woche vor dem Rennen keimte wieder Hoffnung auf, zumindest mit einer Schulter-Bandage das Rennen bestreiten zu können. Die schweren Anstiege müssten allerdings im Sitzen gefahren werden, da ein Aus-dem-Sattel-Gehen wegen des immer noch nicht vollständig ausgeheilten Bruches ohne stärkere Schmerzen kaum möglich war. Vorsichtshalber meldete Sven sich also an und wartete den weiteren Heilungsprozess bis zum Ende der Woche ab.
Nach einem letzten Röntgen-Check am Freitag vor dem Rennen gab der Arzt schließlich grünes Licht und die Reise nach Trient konnte beginnen. Zwei Trainingseinheiten am Samstag auf der Rennstrecke mit den Teamkolleg*innen Annika und Jakob Herbel, die sich ebenfalls qualifiziert hatten, nahmen die letzte Unsicherheit nach vier Wochen Rad-Pause. Auch wenn die Vorbereitung alles andere als ideal gewesen war, konnte am Sonntag nunmehr gestartet werden.
Der Renntag zeigte sich bei schönem, sonnigem Wetter. Gestartet wurde am Rande von Trient, im Abstand von drei Minuten nach Altersklassen aufgeteilt. Nach einem etwa 10 km langen, flachen Aufgalopp ging es im Ort Aldeno in den ersten langen Anstieg hinauf nach La Viote auf eine Höhe von 1572 m. Hierbei hatten die Fahrer mehr als 21 km Bergkilometer mit etwa 1.470 Höhenmetern und einer durchschnittlichen Steigung von 6,7 % zu überwinden. Die Bergfahrt verläuft auf gut asphaltierten Straßen durch mehrere kleinere Ortschaften nach oben, bevor sie in den höheren Regionen auf teils sehr engen Wegen durch Wälder und unterhalb des Gipfels wieder ins breit angelegte, freie Terrain führt. Trotz des Handicaps, nur im Sitzen fahren zu können, gelang es Sven Friedrich, mit der Spitzengruppe – den Top 10 Fahrern seiner Altersklasse – am Berg oben anzukommen. Auf dem Weg dahin hatten sie bereits sehr viele Fahrer der früher gestarteten Altersklassen überholt.
In der darauffolgenden Abfahrt von etwa 25 km verlor unser Teamfahrer allerdings einige Plätze und es gelang ihm gerade so, ausgangs der Abfahrt Anschluss an eine größere Gruppe von Fahrern zu finden. Mit dieser fuhr Sven über zunächst flaches, dann hügeliger werdendes Terrain zur zweiten Prüfung des Tages, den Anstieg zum Monte Bondone auf eine Höhe von 1651 m. Ab dem Örtchen Cadine ging es in den imposanten Berg, der sich über eine Länge von ca. 16 km durch mehrere Ortschaften und Waldstücke nach oben zieht und mit 1.210 Höhenmetern und einer durchschnittlichen Steigung von 7,4 % nicht minder schwierig war als der Aufstieg nach La Viote.
Bis zur Mitte des Anstiegs lief es gut und Sven konnte mit den Stärksten dieser Gruppe mithalten und damit zu den vor ihm liegenden Fahrern an Boden wieder gutmachen bzw. diese sogar überholen. Dann jedoch setzten Schmerzen in der Schulter ein. Die Belastung war doch zu groß geworden und Sven entschied sich wegen der schwindenden Aussichten auf eine vordere Platzierung im Klassement dafür, etwas herauszunehmen. Als dies auch nichts half, um die Schmerzen in den Griff zu bekommen, nahm er schließlich eine Pause von mehreren Minuten inmitten des Anstiegs. Danach setzte er die Kletterei mit reduziertem Einsatz fort und erreichte mit viel Zeitverlust die Verpflegungsstation am Gipfel des Berges. Ohnehin abgeschlagen nutzte er das Angebot, seine inzwischen leer gewordene Getränkeflasche aufzufüllen (eine hatte er bereits beim ersten Anstieg aus Unachtsamkeit verloren), bevor er sich auf die zweite Abfahrt des Tages begab. Ohne Eingehung eines Risikos rollte er nach unten, verlor dabei jedoch wiederum mehrere Plätze und Zeit, und verpasste – anders als nach der ersten Abfahrt – den Anschluss an die letzte größere Gruppe von Fahrern, die ihn auf der Abfahrt überholte. So musste er den Weg zum dritten und letzten Anstieg des Tages, erneut den Monte Bondone hinauf, allein auf sich nehmen.
Beim letzten Kletterakt ging es allerdings nicht wieder ganz bis hinauf zum Gipfel. Vielmehr zweigte die Straße auf einer Höhe von 960 Höhenmetern in die Zielabfahrt nach Trient ab. Sven gab noch einmal alles und überholte bis zur Abfahrt noch viele Fahrer. Die serpetinenhafte Talfahrt hinter sich gebracht, stand nur noch eine etwa 3 km lange Fahrt durch Trient bevor, an deren Ende Sven schließlich das Ziel nach 5:11:28 Stunden als 47. von 150 gestarteten Fahrern seiner Altersklasse erreichte. Er hatte gut 35 Minuten Zeitrückstand auf die vorderen Plätze seiner AK.
Auf den Rennverlauf und das Ergebnis angesprochen, meinte Sven: „Es war mir klar, dass ich auf den langen Abfahrten viele Plätze und Zeit verlieren würde, aber es kam dann doch etwas schlimmer als erhofft, so dass die Moral hierunter natürlich litt. Leider setzten am zweiten Anstieg dann auch noch die Schmerzen in der Schulter ein, die mich dann endgültig aus dem Rennmodus warfen. Ich habe danach versucht, das Beste aus der Situation zu machen und das Rennen ordentlich zu Ende zu fahren. Das Ergebnis ist trotzdem enttäuschend für mich, aber wenn man ehrlich ist, war heute einfach nicht mehr drin.“
(Bericht von Sven Friedrich, viele Dank!)